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Cima della Vezzana 3192 m

Palagruppe

Text und Bilder von
Jörg Ackermann

10.04.2012

  Startplatz Cima della Vezzana in Ri. NO - O

 


Als höchster Berg der Palagruppe in den südlichen Dolomiten hat die Cima della Vezzana auch nördlich des Brenners einen gewissen Bekanntheitsgrad, zumal der gesamte Gebirgsstock wegen seiner ausgezeichneten Felsqualität bei Kletterern berühmt ist. Hervorzuheben ist an diesem Gebiet auch, dass die Erschließung durch Bergbahnen sich im wesentlichen auf die von San Martino di Castrozza zum eigentümlichen Palaplateau (Altiplano delle Pale di San Martino) hinaufziehende Rosettaseilbahn beschränkt. Bei der hier vorgeschlagenen Route macht man sogar um diese Aufstiegshilfe einen großen Bogen, denn der zweitägige Anstieg erfolgt von Norden und beginnt im Talschluss des Valle di Gares beim Parkplatz an der Capanna Cima Comelle (1333 m).  Bei dieser Aufstiegsroute empfiehlt es sich, im Bivacco Brunner (2667 m) zu nächtigen, das weltabgeschieden am Fuße einer überhängenden Felswand im Val Strut einen Ort außergewöhnlicher Ruhe (kein Handyempfang) darstellt.
Vor dem Anstieg zum Biwak ist es aber ratsam, sich die nicht ganz unproblematische Landesituation im Valle di Gares genauer anzusehen: eine mögliche Landewiese unterhalb der Häuser von Gares wird durch zwei niedrige Leitungen recht ungünstig geteilt und das Landen direkt neben dem Parkplatz am Ausgangspunkt ist durch hohe Bäume derart erschwert, dass hier eigentlich nur von Norden kommend eingelandet werden kann, was bei Talwind Rückenwind bedeutet. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die vom Tal aus nicht einsehbaren Startmöglichkeiten in der nach Osten ausgerichteten Gipfelflanke der Vezzana: liegt hier überhaupt kein Schnee, wird es wegen des groben Gerölls auch bei günstigen Windverhältnissen sehr schwierig mit dem Abheben. Gesamthaft gesehen ist die Tour also eine Unternehmung für den Frühherbst, wenn oberhalb von 3000 m bereits der erste Schnee liegt und der Talwind erst mittags oder überhaupt nicht mehr einsetzt.
Vom Parkplatz folgt man dem breiten Wanderweg zum Talschluss und von dort steil ansteigend zu den Wasserfällen (Cascata di Gares), wo man auf den Weg 704 trifft, der direkt von Gares heraufkommt. Diesem folgt man, wobei ein schmaler Durchschlupf am oberen Ende der Wasserfälle mit einer kurzen Eisenleiter und einigen Drahtseilen überwunden wird. In der recht engen Schlucht geht es auf dem gut markierten Weg aufwärts, bis sich das Tal bei etwa 1770 m weitet und man fast ohne Höhengewinn die Schwemmebene des Val delle Comelle durchwandert. Noch vor deren Ende steigt der Weg in den (im Aufstiegssinn rechten) Hängen wieder leicht an und nach einer abermals drahtseilgesicherten Stelle wird bei etwa 1960 m der rechts Richtung ´Cima Vezzana´, ´Biv. G. Brunner´ abzweigende Pfad eingeschlagen.  Ansteigend querend werden die letzten Latschen passiert und schließlich in Falllinie des auffälligen Torcia di Val Grande der bei etwa 2270 m verlaufende Weg 703 erreicht. Diesem folgt man etwa 30 m nach links, wo eine Pfadspur nach rechts über das Geröllfeld des Val Strut aufwärts führt. Obwohl das Biwak erst spät sichtbar wird, ist es kaum zu verfehlen.  Von Gares sind bis hierher etwa vier Stunden zu veranschlagen.
Für den Gipfelanstieg sind anderntags etwa zwei Stunden Gehzeit nötig: die Geröllfelder des oberen Val Strut werden auf markiertem Pfad bis kurz unter den Passo di Val Strut (2870 m) verfolgt, ehe man sich vor dem Aufsteilen des Geländes deutlich nach links (im Anstiegssinne) hält, um drahtseilgesichert eine bereits vom Passo di Val Strut deutlich erkennbare Schulter am Nordostrücken der Vezzana zu ersteigen. Sind die Drahtseile dieses „Ferrata Gabitta d’Ignoti“ genannten Steiges  hier schneebedeckt, können Steigeisen durchaus gute Dienste tun.
Von der Schulter wird zunächst leicht fallend in südlicher Richtung eine meist schneebedeckte Mulde durchquert, die sich bereits als Startmöglichkeit anbietet. Auf dem nächsten Geländerücken geht es rechtshaltend und wiederum kurz drahtseilgesichert aufwärts und nach weiteren 100 Höhenmetern durch stellenweise grobblockiges Geröll wird der aussichtsreiche Gipfel erreicht. Der gesamte Anstieg ist mit roten Punkten markiert, was bei einem Abstieg im Nebel sicherlich recht nützlich ist.
Ist die Sicht jedoch gut und steht ein schwacher östlicher bis nordöstlicher Wind an, sucht man sich einen schneebedeckten Bereich in der weiten Gipfelflanke zum Auslegen des Schirmes, um fliegenderweise zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Hat der Wind eine deutlich südliche Komponente, lohnt es sich, dem Normalweg auf die Vezzana ein Stück Richtung Passo del Travignolo zu folgen und von dort aus zu starten. Zudem kann alternativ auch nach San Martino di Castrozza geflogen werden, wo man westlich des Ortskernes bei der Talstation des Liftes zur Punta Ces eine Landemöglichkeit findet. Für all diejenigen, die nach Gares fliegen, bietet sich noch einmal der Genuss, den gesamten Anstieg aus luftiger Höhe Revue passieren zu lassen, bevor die Landung noch einmal volle Konzentration erfordert.
Die Bilder wurden bei einer Begehung im Oktober 2011 aufgenommen.

 

Lage IT, Palagruppe, Provinzen Trient und Belluno
Ausgangspunkt Capanna Cima Comelle, 1333 m , Parkmöglichkeiten direkt bei der Hütte.
Anreise Brennerautobahn bis AS Bozen Nord, auf der ss241 über den Karerpass ins Fassatal, dann auf der ss48 bis Moena, Richtung Osten über den Passo San Pellegrino nach Falcade und etwa 3 km hinter dem Ortsausgang  nach Süden durch das Valle di Gares  zum Ende der Straße bei der Capanna Cima Comelle (1333 m, geräumiger Parkplatz).
Stützpunkt Bivacco Brunner (2667 m), ca. 4 h vom Parkplatz.
Höhenunterschied Zur Biwakschachtel 1350 m , von dort zum Hütte zum Gipfel ca. 530 m
Gehzeit 4 h bis Biwak, 2h vom Biwak zum Gipfel.
Startrichtung NO bis O zum Starten Schneeauflage nötig;
Landung Am Ausgangspunkt, recht anspruchsvoll
Tourencharakter Schöne zweitägige, durchgehend markierte Bergwanderung mit einigen drahtseilgesicherten Passagen
Hinweise Alternativ kann auch von der Bergstation der Rosettaseilbahn über den Normalweg der Vezzana angestiegen werden, dann vorteilhafterweise  Flug nach San Martino di Castrozza; die steilsten Stellen vor der Schulter der Vezzana sind nordseitig exponiert.
Kartenmaterial Tabacco Topographische Wanderkarte 1:25000 Blatt 022 (Pale di San Martino)
Tourendaten 10.2011