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The Goose von Little Cloud

Text und Bilder: Martin Zech

Bilder

10.04.2014

Es war mal wieder soweit – ich durfte einen „Little Cloud“ probefliegen. Nach Spiruline 1, Spiruline 3 sowie Tandem Bidule 31 kam jetzt auch die „Goose“ in Größe XL zu meinem Erfahrungsschatz hinsichtlich dieses Herstellers hinzu. Auch wenn der Schirm mit 20.7 m2 für meine Vorlieben untypisch groß ausfällt, so habe ich doch innert ca. 40 Testflügen in unterschiedlichsten Bedingungen viel Spaß mit diesem Exoten gehabt – die Erfahrungen, die ich dabei gesammelt habe, möchte ich hier zum Besten geben.
Um es vorweg zu nehmen: The Goose lässt sich nur schwer in ein Muster einordnen. Ist sie doch weder Fisch noch Fleisch – oder in passenderen Worten weder Gleit- noch Speedschirm. Also was tut man dann damit? Ich denke die Antwort ist recht einfach: Spaß haben. The Goose zeichnet sich durch ihr exzellentes Handling und durch ihre – für die Größe - extrem beeindruckende Gleitleistung aus. Mehrfach habe ich hierbei die Freude gehabt, die „Gans“ in den deutschen und österreichischen Bergen soaren zu dürfen – in Bedingungen, die ich als eher schwach einstufen würde. Hierbei hat die Goose den dynamischen Aufwind immer ansatzlos in Höhe umgewandelt – wie man dies nur von größeren Gleitschirmen gewohnt ist – hat aber gleichzeitig eine wunderschöne Dynamik an den Tag gelegt, die wirklich begeistert. Hierzu aber mehr später.
The Goose ist in den Größen L (19.5m2) und XL (20.7m2) erhältlich, gedacht für den Gewichtsbereich von 70-90 kg und 80-100 kg. Ich selbst bin die Goose XL bei einem Abfluggewicht von ca. 105 kg geflogen und habe diese somit voll beladen. Die Goose XL besitzt ein Gewicht von 4.3 kg (eigene Messung); im Vergleich zu anderen Schirmen gleicher Baugröße ist dies relativ viel, passt aber bei guter Packweise gerade auch noch in kleine Wendegurtzeuge, wie z.B. das „Speedrider“ von GIN. Viel Platz für andere Utensilien bleibt dann aber nicht mehr.
Wie von Little Cloud gewohnt, ist sie sehr hochwertig verarbeitet. Auffällig ist, daß unummantelte Leinen zum Einsatz kommen. Dies ist aus meiner Sicht sehr ungewöhnlich und wahrscheinlich auch nicht immer praktisch, führt aber bei einer Leinenlänge von nur 210 m (Größe XL) in Kombination mit dem sehr schlanken, 54-zelligen Profil zu einer sehr hohen Gleitleistung, welche von Little Cloud zu 9.5:1 angegeben wird. Auch wenn mir GPS-Messungen in ruhiger Luft noch fehlen, so halte ich  zumindest ein 9er Gleiten für realistisch.
Am Berg bzw. am Startpatz sind die Leinen auf Grund ihrer Übersichtlichkeit sehr schnell sortiert. Trotz (oder wegen) der unummantelten Leinen hatte ich bei meinen Starts/Flügen nie Probleme bezüglich Verhängen oder Verknoten. Einzig und allein auf rauem Untergrund sollte man aber wahrscheinlich erhöhte Vorsicht walten lassen, um die ungeschützten Leinen nicht zu beschädigen. Für mich etwas gewöhnungsbedürftig waren definitiv die Tragegurte, die nicht nur schmal sondern vor allem auch sehr kurz ausfallen. Ein sauberes Führen beim Vorwärtsstart ist deswegen gar nicht so einfach wie gedacht – wird aber von der Goose mit ihren schlanken Zellöffnungen verlangt. Aus diesem Grund wurde auch schon von der „Thermik“ das Startverhalten der Goose bei „Nullwind“ kritisiert. Ich kann mich dieser Aussage anschließen – in der Praxis gewöhnt man sich aber an dieses Verhalten. Einzig und alleine bei flachen Startplätzen und leichtem Rückenwind würde ich die Goose gerne gegen einen anderen Schirm eintauschen wollen. Der Fairness halber muss man allerdings sagen, daß die Goose bei Wind von vorne – von schwach bis sehr stark - einen Traum-Starter darstellt.   
Einmal in der Luft spielt die Goose gekonnt ihre Stärken aus. Die Kappe des Schirms wirkt in ruhiger Luft sehr steif, was zu einer großen Laufruhe des Schirms führt. Gleichzeitig lässt sich die Gans extrem direkt und feinfühlig steuern, welches kombiniert mit der geringen Rolldämpfung ein butterweiches aber dynamisches Flugverhalten zulässt. Hierbei sind alle Spielereien möglich - von sehr engem Kreisen beim Thermikfliegen zu extrem hohen Wingovern, Gegendrehern und SAT‘s.
In der Thermik selbst will die Goose etwas vorgebremster geflogen werden als manch anderer Schirm - nur so bleibt die Steifigkeit der Kappe erhalten. Ansonsten beginnt ein für mich subjektiv recht ausgeprägtes Arbeiten des Schirms in sich selbst. Unter diesen Voraussetzungen lässt sich die Goose aber für ihre moderate Fläche sehr gut in der Thermik eng zentrieren. Sie kann somit sehr leicht mit deutlich größeren Schirmen mithalten. Einzig und alleine in sehr schwacher Thermik ist eine größere Fläche von Vorteil, da man hier doch eher mal „absäuft“.
Alles in allem ist die Goose ein Schirm für all diejenigen, die einfach was anderes fliegen wollen und nach einem ausgeprägten, aber ausgewogenen Spaßflügel suchen, der sowohl zum Freestylen als auch zum Thermikfliegen benutzt werden kann.
Die Goose XL wurde freundlicherweise von Ralf Münch/Little Cloud Deutschland zur Verfügung gestellt.
Technische Details:

Konzept: Minischirm (3A, 2B, 3C, 2D), Beschleuniger
Größen: 19.5 m2, (20.7m2)
Streckung: 4,7
Tuch: Obersegel: Dokdo 30D (41g/m2), Untersegel Dokdo 20D (35g/m2)
Gewicht: 4,4 kg)
Beleinung: 1.9 / 1.1 / 1.0 /0.6 mm Lyros - Dyneema
Zertifikation: --
Abfluggewicht: 70-90 kg (80-100 kg)